Unmögliche Gespräche führen, Teil 1: Die 7 Grundlagen

Wir brauchen bessere Gespräche mit Menschen, die anderer Meinung sind.

Warum?

Wir selbst sehen oft ganz schlecht die Makel in unserem Denken – bei anderen gelingt das oft hervorragend. Unter anderem deswegen sind gute Gespräche der Schlüssel dazu, dass Leute sich weg vom Falschen und hin zum Wahren bewegen, dass sie ihre Meinungen optimieren. Meinungen führen zu Entscheidungen und Entscheidungen haben Konsequenzen. Wenn wir die Meinungen der Menschen verbessern, können wir letztlich dafür sorgen, dass sie bessere Entscheidungen treffen und so eher zu Handlungen mit besseren Konsequenzen neigen. Wir machen die Welt ein klein wenig besser. Gerade in einer Demokratie, in der die Leute letztlich die Macht haben, ist es unverzichtbar, dass das Volk produktiv miteinander redet.

Wir wollen, dass es auf der Welt immer mehr produktive Gespräche gibt, bei denen alle Beteiligten etwas lernen und in ihrem Denken vorankommen, statt sich nur gegenseitig zu beleidigen. Gespräche, die die Basis dafür legen, dass alle mehr wahre Dinge und weniger falsche Dinge glauben, statt dass sie sich einigeln und radikalisieren. Ein großartiger Leitfaden dafür ist das Buch „How to Have Impossible Conversations“ von Peter Boghossian und James Lindsay, das uns in diesem Vorhaben begleiten wird. Die beiden haben reichlich praktische Erfahrungen mit Diskussion und binden etliche wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Praxistipps aus Philosophie, Psychologie und sogar Geiselverhandlung in ihren Guide ein.

Fangen wir gleich mit den Grundlagen an: Was sind die Grundvoraussetzungen für bessere Gespräche?

Sieben Grundlagen für gute Gespräche

Boghossian und Lindsay listen in ihrem Buch sieben Grundlagen auf, die dazu beitragen, dass Diskussionen produktiver ablaufen. Wir haben das Wesentliche daraus zusammengefasst.

#1 Mach dir deine Ziele bewusst

Zuallererst sollte man nicht kopflos in eine Diskussion hineinstürmen, wenn sie produktiv werden soll. Überleg dir zuerst, was deine Ziele sind:

  • Will ich die andere Person überzeugen?
  • Will ich sie lächerlich machen?
  • Will ich sie oder allfällige Zuschauer beeindrucken?
  • Will ich sie ins Nachdenken bringen?
  • Will ich sie verstehen/von ihr verstanden werden?
  • Will ich etwas von ihr lernen?
  • Will ich gemeinsam mit ihr weg vom Falschen und hin zum Wahren gelangen?

Du kannst nur ein Ziel verfolgen oder mehrere. Wenn du weißt, was du erreichen willst, kannst du das auch gezielt und entsprechend produktiver verfolgen und verzettelst dich weniger.

Die Reflexion darüber, was du mit dem Diskutieren eigentlich erreichen willst, kann in eine Spirale der Philosophie führen, die deine gesamte Herangehensweise verändern kann. Vielleicht merkst du bei diesem Schritt zum Beispiel, dass deine Ziele nicht besonders ehrenhaft sind, und möchtest sie überdenken.

#2 Anerkenne die guten Absichten

Sokrates: Denkst du, manche Menschen streben nach dem Schlechten, andere nach dem Guten? Strebt deiner Meinung nach nicht jeder nach dem Guten?

Menon: Nein.

Sokrates: Und würdest du sagen, dass diese anderen Schlechtes für gut halten, oder streben sie danach, obwohl sie es als schlecht erkennen?

Menon: Beides, würde ich sagen.

Sokrates: Wie? Denkst du wirklich, dass manche Schlechtes als solches erkennen, aber dennoch danach streben?

Menon: Ja.

Sokrates: Danach streben wozu? Um es zu besitzen?

Menon: Natürlich.

Sokrates: Im Glauben, dass ihnen Schlechtes Vorteile bringt, oder dass es ihnen schadet?

Menon: Manche glauben Ersteres, andere Letzteres.

Sokrates: Und glaubst du, denjenigen, die denken, dass ihnen Schlechtes Vorteile bringt, ist klar, dass es schlecht ist?

Menon: Nein, das kann ich nicht wirklich glauben.

Sokrates: Ist dann nicht klar, dass diese Leute, die Schlechtes nicht als solches erkennen, nicht nach Schlechtem streben, sondern nach dem, was sie für gut halten, obwohl es schlecht ist? Dass die, die unwissentlich schlechte Dinge für gut halten, offensichtlich nach dem Guten streben?

Menon: Für diese scheint das zu stimmen.

Sokrates: Nun zu denen, die deiner Beschreibung nach nach Schlechtem streben und glauben, dass es ihnen schaden wird – diese müssten wissen, dass es ihnen Leid zufügen wird?

Menon: Das müssen sie.

Sokrates: Und glauben sie nicht, dass jemand, dem Leid zugefügt wurde, in diesem Zusammenhang unzufrieden ist?

Menon: Auch das müssen sie glauben.

Sokrates: Und unglücklich?

Menon: Ja.

Sokrates: Nun, möchte irgendjemand unzufrieden und unglücklich sein?

Menon: Ich denke nicht.

Sokrates: Wenn nicht, dann strebt niemand nach dem Schlechten, denn was ist Unzufriedenheit anderes, als nach Schlechtem zu streben und es zu erhalten?

Menon: Es sieht so aus, als ob du Recht hast, Sokrates, und niemand nach Schlechtem strebt.

(„Menon“, geschrieben von Platon im 4. Jahrhundert v. Chr., eigene Übersetzung aus dem Englischen)

Niemand strebt bewusst nach dem Schlechtem, und niemand liegt absichtlich falsch. Menschen urteilen und handeln auf Basis des Weltbildes, zu dem sie ihre Anlagen und Erfahrungen geführt haben. Hätten sie andere Veranlagungen und hätten sie andere Erfahrungen gemacht, würden sie andere Urteile fällen und andere Entscheidungen treffen. Ärzte behandelten Patienten früher mit Blutegeln, weil sie dachten, Krankheiten würden durch zu viel Blut im Körper verursacht. Sie waren nicht „böse“, sondern lagen einfach falsch. Wir alle wollen das Wahre und Gute. Was uns unterscheidet, ist, was wir für wahr und gut halten. Und das hängt von Dingen ab, über die wir keinerlei Kontrolle haben.

Wenn du mehrheitlich schlechte Erfahrungen mit Migranten gemacht hättest, hättest du höchstwahrscheinlich eine andere Meinung zu Migrationsfragen. Wenn dich deine Eltern christlich indoktriniert hätten, wärst du jetzt höchstwahrscheinlich Christ. Wenn du vom Wesen her so gepolt wärst, dass du Veränderung aufregend findest und Patriotismus oder Tradition nicht als moralisch empfindest, wärst du wahrscheinlich politisch links.

Wer immer nur erzählt bekommen hat, dass Sterbehilfe böse ist, und in einem Umfeld lebt, in dem es zum guten moralischen Ton gehört, Sterbehilfe zu verurteilen, wird kaum gegen diese Norm verstoßen. Wir leben alle in einem unendlich komplexen Netz aus Ursachen, die unsere Ansichten formen, und diese Ursachen können wir nicht kontrollieren. Doch wir meinen es alle gut, so schwer das auch vorzustellen sein mag.

„Wer Falsches und Schlechtes glaubt und tut, ist im Wesen böse.“

->sabotiert Diskussionen

„Wer Falsches und Schlechtes glaubt und tut, liegt falsch.“

->fördert Diskussionen

Keine Partei will Deutschland zerstören, von der Linken bis zur AfD. Jeder Mensch hält das, was er tut, für gut und richtig, und das müssen wir anerkennen, wenn wir die Realität verstehen und produktiv diskutieren wollen. Das bedeutet nicht, dass wir alles, was Menschen glauben und tun, selbst tatsächlich für gut und richtig halten müssen. Aber wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir es verstehen. Wir müssen es nicht gutheißen, aber verstehen, warum jemand AfD wählt, warum jemand Islamist ist, warum jemand die Reichen erschiessen oder Flüchtlinge abweisen will. Ich heiße Nationalsozialismus nicht gut, wenn ich verstehe, warum jemand Nazi ist. Im Gegenteil: Jetzt weiß ich, wo ich ansetzen muss, damit es weniger Nazis gibt. Wissen ist Macht.

Siehe auch:
Verwechsle Ideen nicht mit ihren Anwälten!

Den Bösen, der einfach alles zerstören und jeden töten will, weil er halt böse ist, gibt es nur in Disney-Filmen. Die Realität ist komplizierter. Es gibt Ursachen für Ansichten. Die Leute haben gute Absichten und tun Schlechtes, weil sie sich irren und andere moralische Schwerpunkte setzen (oder weil sie psychisch krank sind). Diese Tatsache anzuerkennen, ist der Schlüssel zu einer weisen, mitfühlenden und produktiven Haltung, die tiefgreifende Veränderung bringen kann.

Es vergiftet und verunmöglicht jede Diskussion sofort, wenn böse Absichten unterstellt werden, denn das ist immer falsch und eine schwere Anschuldigung, die die Leute in ihrem innersten trifft, da sich eben jeder als jemand mit guten Absichten betrachtet und sich sehr damit identifiziert.

  • Stelle in jeder Diskussion klar, dass du gute Absichten hast, und unterstelle deinem Gegenüber dasselbe.
  • Wenn du dir überhaupt nicht vorstellen kannst, dass dein Gegenüber gute Absichten hat, dann frag nach, warum es seine Ansichten für gut und richtig hält. Hör zu und lerne.

#3 Sieh euch als Partner, nicht als Gegner

Wenn du dir erst bewusst gemacht hast, dass dein Gegenüber kein Dämon aus der Hölle ist, sondern sich vielleicht einfach irrt und nun emotional und wahrscheinlich auch sozial in seiner Meinung verankert ist und dir dasselbe hätte passieren können, sollte dir dieser Schritt hier weitaus leichter fallen. Nein, leicht ist es gewiss nicht – aber wir kommen nicht darum herum, wenn wir unsere Gespräche produktiver gestalten wollen.

Wenn wir Leute mit einer anderen Meinung sofort als Gegner inszenieren, die es zu bekämpfen gilt, werden sie dieses Spiel in den allermeisten Fällen mitspielen und uns ebenfalls bekämpfen. Die Schützengräben werden bezogen, und niemand ist mehr offen dafür, seine Position zu ändern. Niemand will einem aggressiven, feindseligen Gegenüber Recht geben. Bedenkenlos werden ganze Philosophien abgestempelt, weil einer ihrer Vertreter unfreundlich war. Das muss nicht sein.

Leute ins Nachdenken bringen funktioniert in „psychologisch sicheren“ Umgebungen. In solchen Umgebungen, wie sie die Psychologin Amy C. Edmondson definiert, wird man nicht wegen Fragen, Fehlern oder Bitten um Hilfe erniedrigt oder bestraft. Erniedrige und bestrafe dein Gegenüber also nicht mit deinen Worten und Taten, denn damit verbaust du dir jeglichen Zugang. Inszeniere dein Gegenüber nicht als Gegner, sondern als Partner, mit dessen Hilfe du nach der Wahrheit suchen kannst.

„Diskussionen sind Kriege, die man gewinnen sollte.“

->sabotiert Diskussionen

„Diskussionen sind partnerschaftliche Suchen nach Wahrheit.“

->fördert Diskussionen

Das heißt nicht, dass niemand Recht oder Unrecht hat. Aber wenn du eine Diskussion „gewinnen“ willst, passiert es extrem leicht, dass du sie zu stark manipulierst, dein Gegenüber vergraulst und das Gespräch unproduktiv wird. Wenn du versuchst, zu „gewinnen“, wird das höchstwahrscheinlich auch dein Gegenüber versuchen. Damit eine Diskussion am Leben bleibt und angenehm und produktiv wird, müssen aber beide Partner offen sein für die Möglichkeit, zu „verlieren“. Lebe das Verhalten vor, das du dir von einem Partner wünschst.

Von jedem Andersdenkenden würdest du Bescheidenheit und Offenheit fordern. Trink das Wasser, das du predigst. Genausowenig wie dein Gegenüber kannst du absolut sicher sein, dass du im Recht bist, also setz das in einer Diskussion nicht voraus. Dann wirst du auch nicht auf Teufel komm raus versuchen, zu gewinnen, und dein Gegenüber wird offener sein, wenn es das merkt. Setz dir stattdessen das Ziel, zu verstehen, wie dein Gegenüber denkt. Wissen ist Macht. Und wenn du dein Gegenüber dazu bringen kannst, seine Gründe darzulegen, kannst du diese Gründe mit viel Fingerspitzengefühl auf ihre Qualität prüfen.

Im schlimmsten Fall lernst du etwas darüber, wie Menschen zu absurden Ansichten gelangen, und das ist sehr wertvoll. Im besten Fall lernen beide Seiten dazu. Mach von Anfang an klar, dass du zusammenarbeiten und dein Gegenüber verstehen willst. Merke: Verstehen heißt nicht zustimmen! Wenn ich sage „Ich verstehe, wie es zu diesem Tsunami gekommen ist“, heißt das nicht „Ich finde es OK, dass es zu diesem Tsunami gekommen ist“. Und gleichsam bedeutet „Ich verstehe, warum du Rassist geworden bist“ nicht „Ich finde es OK, dass du Rassist geworden bist“.

Wenn du verstehen willst, nimmst du sehr viel Zunder aus der Diskussion heraus und legst den Grundstein für ein anhaltendes, friedlicheres, produktiveres Gespräch. Du kannst dein Gegenüber nicht kontrollieren, nur dich selbst, also musst du die Person sein, die das gefragte Verhalten vorlebt.

„Diese Person ist mein Gegner und muss von mir bekehrt/argumentativ zerstört werden.“

->sabotiert Diskussionen

„Diese Person ist mein Partner, der die Sache von einer anderen Seite aus sieht, und ich kann durch ihn lernen.“

->fördert Diskussionen


#4: Baue eine gute Beziehung auf

Wenn du Meinungen ändern willst, muss dein Gegenüber offen für dich und deinen Input sein. Wann hörst du jemandem zu und interessierst dich dafür, was er zu sagen hat? Wann bist du bereit, dich deinem Gegenüber zu öffnen? Wenn es ruhig und freundlich ist und authentisches Interesse zeigt. Wie kannst du dir also Erfolg erhoffen, wenn du auf Gegner aggressiv, unfreundlich und stur zugehst? Die Basis für produktive Diskussionen ist ein gutes Verhältnis zwischen den beiden Partnern. Mit ehrlicher Freundlichkeit baust du Barrieren ab und machst wunderbare, tiefe Gespräche über große Themen möglich. Dein Gegenüber wird zu mehr bereit sein, dir mehr erlauben und mehr verzeihen.

Sieh den wohlwollenden, wenn auch vielleicht fehlgeleiteten Menschen in deinem Gegenüber. Grüße es, stell dich vor. Scheue dich nicht vor etwas Smalltalk. Such nach Gemeinsamkeiten und betone diese – es gibt immer welche, und seien es nur Familie oder der Wunsch nach einer besseren Welt. Nimm dir Zeit, und wenn du keine Zeit hast, fange kein supertiefes Gespräch an. Zwing Leute nicht in Gespräche oder Themen hinein, sei bereit, das Thema zu wechseln, wenn dein Gegenüber keine Lust hat. Und bleib höflich. Das schont die Nerven, und du erhöhst damit massiv deine Chance, ernstgenommen zu werden und Zugriff auf das Denken deines Gegenübers zu erhalten. Und wer weiß: Vielleicht findest du den einen oder anderen neuen Freund.

Siehe auch:
Intoleranz nicht tolerieren - was das Toleranz-Paradoxon wirklich meint

#5 Höre mehr zu, rede weniger

Eigentlich ist es ganz einfach: Wer nicht zuhört, kann nicht verstehen, und wer nicht versteht, kann nicht diskutieren. Mit wem verbringst du lieber Zeit: mit jemandem, der alles weiß und dich an die Wand diskutiert, oder mit jemandem, der dir zuhört, auf dich eingeht und dir das Gefühl gibt, dass du verstanden wirst? Es gibt kaum etwas Mächtigeres, als jemandem das Gefühl zu geben, dass er verstanden wird. Das ist für dich und deinen Partner extrem wertvoll und maximiert die Chance auf ein gutes, produktives Gespräch, das Leute ins Nachdenken bringt. Berücksichtige diese Tipps:

  • Lass deinem Gegenüber den Vortritt, wenn ihr beide etwas sagen wollt.
  • Schau dein Gegenüber an und wende dich ihm zu.
  • Beende nicht die Sätze deines Gegenübers – außer, wenn es ein Wort sucht und du es kennst.
  • Wenn du etwas nicht verstehst, sende Ich-Botschaften: „Das habe ich nicht verstanden“ statt „Das ergibt keinen Sinn“.
  • Anerkenne die Gefühle deines Gegenübers und benenne sie: „Verstehe, das frustriert dich“.
  • Wenn du unterbrochen wirst, mach danach nicht genau gleich weiter, sondern geh kurz auf das ein, was dein Gegenüber gesagt hat, damit es merkt, dass du zugehört hast.
  • Sag „Verstehe“ und meine das auch so. Dieses Wort hat große Macht.

#6 Keine Vorträge

Du solltest also weniger reden. Aber was sagst du, wenn du einmal redest? Schritt 1: Versuch, keine Vorträge zu halten. Warum nicht? Ganz einfach: Magst du es, belehrt zu werden? Das mag niemand. Und deshalb funktioniert es auch so gut wie nie. Jemandem einen Vortrag darüber zu halten, warum er falsch liegt, wirkt intuitiv wie eine vernünftige Vorgehensweise, aber wer schon die eine oder andere Diskussion hinter sich hat, wird wissen, wie abgrundtief niedrig die Erfolgsquote ist. Die Fachliteratur zu effektiven Gesprächen spricht hier eine klare Sprache (siehe z.B. „Difficult Conversations“ von Stone/Patton/Heen).

In den 1940ern führte der Psychologe Kurt Lewin eine Studie darüber durch, wie man amerikanische Hausfrauen dazu kriegen konnte, Briese (Organfleisch) in ihre Gerichte zu integrieren, um den Fleischmangel während des zweiten Weltkrieges abzufedern. Eine Gruppe von Frauen musste sich einen Vortrag darüber anhören, warum die Briese wichtig sei, eine andere Gruppe wurde dazu eingeladen, gemeinsam nach Gründen dafür zu suchen, warum der Vorschlag eine gute Idee sein könnte. Von der Vortragsgruppe verwendeten danach 3 % die Briese, von der zweiten Gruppe 37 % (Lewin 1947).

Vielleicht hast du es schon einmal erlebt, dass du jemanden erfolglos von etwas überzeugen wolltest, und später kam die Person von sich aus genau mit dieser Idee an. Die Leute sträuben sich tendenziell dagegen, fremde Ideen zu akzeptieren, und ziehen Ideen vor, die sie als ihre eigenen wahrnehmen. Für gewöhnlich löst es nichts als Wut und reflexartige Gegenschläge aus, einfach Fakten herunterzubeten, die dem Weltbild des Gegenübers widersprechen. Wer produktive Gespräche will, muss davon also die Finger lassen. Eine Ausnahme wäre eine formale Debatte mit festgelegten Redezeiten, die keinen wirklichen Austausch zulässt. Konkrete Tipps:

  • Denk nicht „Wenn mein Gegenüber nur dieses und jenes kapieren würde, würde es seine Meinung ändern“. Fokussier dich darauf, woher dein Gegenüber weiß, was es zu wissen behauptet. Das entschärft das Gespräch und macht es produktiver.
  • Wenn dein Gegenüber einen Vortrag hält, lass dich nicht zum Gegenschlag provozieren. Geh auf den Vortrag ein und hinterfrage ihn sachlich mit offenen Fragen. Hör zu und lerne.
  • Halte nur dann einen Vortrag, wenn dein Gegenüber dich explizit darum bittet. Fasse dich kurz und bedanke dich für die Gelegenheit und das Zuhören.

#7 Wisse, wann Schluss ist

Alles mit Maß: Es ist wichtig, ein Gespür dafür zu entwickeln, wann ein Gespräch beendet werden sollte – selbst, wenn es gut läuft. Wenn man ein Gespräch zu sehr in die Länge zieht, stellt sich oft Frust ein und die Leute gehen in die Defensive. Dann geht die Produktivität verloren und die gute Beziehung zwischen euch kann Schaden nehmen. Wenn es nichts mehr zu sagen gibt, wenn sich das Gespräch nur noch im Kreis dreht, wenn ihr nach einiger Zeit in einer schwerlich überwindbaren Sackgasse landet – zieht einen Schlussstrich und geht im Frieden auseinander.

Bedenke, dass die Leute kaum je ihre Meinung an Ort und Stelle ändern. Menschen brauchen Zeit, um sich selbst mit neuen Ideen und Zweifeln zu beschäftigen und eigenständig zu neuen Schlussfolgerungen zu gelangen. Meinungsänderung geschieht für gewöhnlich langsam, und man kann sie nicht mit einer überlangen Diskussion erzwingen, die so letztlich mehr schaden als helfen kann. Ein paar Tipps:

  • Beende ein Gespräch, wenn die vorherrschende Emotion Frust ist. Von da ist es kein weiter Weg mehr zur Wut, und die ist fast immer destruktiv, was Gespräche anbelangt.
  • Scheue dich nicht vor Pausen. In unserer Kultur werden Gesprächspausen häufig als unangenehm und peinlich angesehen, aber sie können eine sehr wichtige Funktion einnehmen. Bremse das Gespräch gelegentlich, lasse Lücken zum Denken, zum Durchatmen, zum Verarbeiten des Gesagten.
  • Wenn die andere Person das Gespräch beenden will, akzeptiere das.
  • Wenn dein Gegenüber einen seiner Glaubenssätze anzuzweifeln beginnt, ist das oft ein guter Moment für den Schlussstrich. Nutze den Zweifel nicht aus, um einen Vortrag zu halten. Lass deinem Gesprächspartner jetzt Zeit zum eigenständigen Nachdenken oder wechsle das Thema.
  • Bedanke dich am Ende höflich für das Gespräch, auch dann, wenn es dir widerstrebt. So verschaffst du dir Respekt und beendest das Gespräch mit einer positiven Interaktion, sodass dein Gegenüber das Gespräch positiver in Erinnerung behält, eher über das Gesagte nachdenkt und eher wieder mit dir redet.

Fazit

Das sind also die Grundlagen für angenehmere, produktivere Gespräche. Versuche, die Tipps in deine Gespräche einzubauen, und gewöhne dich daran, sie zu berücksichtigen. Manches mag dir intuitiv nicht sinnvoll erscheinen, aber du wirst die positiven Auswirkungen schnell bemerken. Wenn du diese Grundlagen meisterst, bist du bereit, dein Arsenal mit weiteren Techniken aufzustocken. Dazu mehr im nächsten Post. Für den Moment: Viel Erfolg!

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